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Gamechanger Money Mindset

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1. Ausgangslage

Persönliche Lagebeurteilung

Die Aussage „Der Kunde orientiert sich sowieso nur noch am Preis“ ist aktuell weit verbreitet (Stand 2023) und wird in Vertriebsorganisationen häufig als Erklärung für gescheiterte Preiserhöhungen herangezogen. Solche Glaubenssätze führen nicht selten zu skurrilen Situationen im Verkauf — etwa wenn Verkäufer automatisch hohe Nachlässe anbieten, ohne dass der Kunde danach gefragt hat.

Beispiel: Eine Bekannte hatte sich mit ihrem Mann auf einen Teppich geeinigt; der Verkäufer bot ungefragt 300 Euro Nachlass an (rund 25 %), obwohl bereits eine Preisreduktion von 5 % genügt hätte. Solche Automatismen entstehen aus Glaubenssätzen und führen oft zu unnötigen Preisnachlässen ohne den gewünschten Erfolg.

Kurzer Test für Ihr Team

Haben Sie oder Ihre Verkaufsmannschaft solche oder ähnliche Aussagen gehört oder selbst gedacht?

  • „Der Wettbewerb ist gnadenlos, es herrscht ein einziger Preiskampf.“
  • „Unsere Kunden werden niemals einer Preiserhöhung zustimmen.“
  • „Wenn wir die Preise erhöhen, verlieren wir die Kunden.“
  • „Die Konkurrenz ist günstiger — mehr kann ich daher nicht verlangen.“
  • „Die Kunden haben aktuell ganz andere Sorgen / kein Budget.“

Sind das neue Gedanken oder alte, wiederkehrende Glaubenssätze?

Erfahrung und Kontext

Nicole Truchseß arbeitet seit über 30 Jahren in Sales und HR, seit mehr als 15 Jahren als Geschäftsführerin eines Beratungsunternehmens. Sie hat Krisen-Gründungen (u. a. 2008) erlebt und beobachtet: 2023 stellt eine besonders starke Belastung dar — Corona-Folgen, Ukrainekrieg, Energiekrise, Inflation — was zu hoher Unsicherheit und Ängsten führt.

Trotz steigender Einkaufspreise, Rohstoffengpässe und Fachkräftemangel gelingt es vielen Unternehmen nicht, höhere Preise durchzusetzen. Ein wichtiger Grund: Verkäufer und Führungskräfte verkaufen sich oder ihre Leistungen häufig unter Wert — verstärkt durch pessimistische Glaubenssätze.

2. Jede Branche hat ihre eigenen Überzeugungen

Glaubenssätze wirken wie selbsterfüllende Prophezeiungen. Wer glaubt „gegen Konzerne kommt man nicht an“, zeigt weniger Überzeugungskraft und investiert weniger Energie in die Verhandlung. Stress, Angst und mangelnde Stressregulation schwächen außerdem die Fähigkeit, souverän zu verhandeln — besonders bei Preiserhöhungen gegenüber Bestandskunden.

Ein eindrückliches Erlebnis: In einem Workshop äußerte ein Auftraggeber vor dem Start, er könne die Kunden verstehen, falls sie negativ reagierten — obwohl er selbst der Auftraggeber war. Solche Aussagen aus der Führungsebene untergraben jede Verhandlungsstrategie.

3. Case: Personaldienstleister — Ausgangslage beim Auftraggeber

Unternehmen: Personaldienstleister für gewerbliche Hilfskräfte, inhabergeführt, 18 Standorte, durchschnittlich 100–120 externe Mitarbeitende pro Niederlassung, intern 3–4 Mitarbeitende.

Problem: Sehr geringe Umsatzrendite durch bewusstes Wachstum über Marktanteil statt Rendite (große, unlukrative Rahmenverträge). Beispielrechnung einer Niederlassung:

  • Umsatz pro Monat: ~328.000 EUR
  • Mitarbeiterkosten: ~275.500 EUR → Marge ~15 %
  • Nach internen Kosten blieb ein Betriebsergebnis von ~7.500 EUR (vor Steuern).
    Einige Niederlassungen schrieben rote Zahlen, Motivation und Prämien blieben aus.

Ziel: Kurz- und mittelfristig Margen verbessern; Kunden sollen bereit sein, höhere Preise zu zahlen. Dazu benötigt das Unternehmen selbstbewusstes, geschultes Personal und die Bereitschaft, auf unrentable Kunden zu verzichten.

4. Fragestellungen für das Projekt (Auszug)

  • Wie gelingt erfolgreiche Preisverhandlung bzw. Preiserhöhung, wenn der Rücken zur Wand steht?
  • Welches Mindset braucht es? Welches herrscht derzeit in den Teams?
  • Mit welcher Grundhaltung tritt man beim Kunden auf?
  • Wie und wo argumentiert man überzeugend?
  • Ab wann beendet man konsequent die Zusammenarbeit mit einem Kunden?
  • Was passiert mit externen Mitarbeitenden in laufenden Projekten?
  • Wie schnell benötigt man Neukunden?
  • Wie steht die Geschäftsführung zu den Maßnahmen — welche Ängste gibt es in der Führung?

5. Vorgehen und Umsetzung (Projektphasen)

Vorbereitung & Strategie

  • Ein Strategieworkshop mit der Geschäftsführung (emotionales Abholen, einheitliche Strategie, Commitment) — wichtig, damit Unsicherheit nicht nach außen getragen wird.

Erste Phase (Ziele & Spielregeln)

  • Jahresziele für 2023/2024 (KPI, Margen, Betriebsergebnis)
  • Genehmigungsverfahren, Timeline, Argumentationsleitlinien
  • Maßnahmenplan, Schulungs- und Coachingkonzepte

Zweite Phase (Kommunikationstools)

  • Vorformulierte Preiserhöhungsschreiben
  • Argumentationskatalog für die Niederlassungen
  • Neue Angebotsoptik, Verkaufshilfen

Dritte Phase (Training & Coaching)

  • 2-tägige Preisverhandlungsseminare
  • Vorbereitung: Einstellung & Mindset, Reaktionsmöglichkeiten, Preisgrenzen, Umgang mit Ablehnung
  • Einzel- und Teamcoachings (auch Live-Situationen), Schwerpunkte: Telefonverhandlung, Neukundengewinnung, Margensteigerung

Wichtig: Tempo an Mitarbeiter anpassen; nicht nur Punkte „abarbeiten“, sondern Beliefs hinterfragen und Impulse setzen.

6. Psychologie & Mindset

Glaubenssätze sind hartnäckig und leben in Komfortzonen. Sie sind selektiv bestätigt — wir sehen vorzugsweise Belege, die unsere Erwartungen stützen. Daher war ein zentraler Schritt im Projekt das Aufdecken und systematische Hinterfragen folgender Fragen:

  • Stimmt das wirklich?
  • Welche Belege sprechen dafür — welche dagegen?
  • Gibt es positive Gegenbeispiele?
  • Was bringt uns dieses Mindset?
  • Was wäre, wenn der Gedanke falsch ist?
  • Welche Vorteile hätte das Gegenteil?

Viele negative Beliefs entstehen aus Bequemlichkeit, Orientierung an Vorbehalten „von oben“, fehlendem Wissen oder Angst vor Versagen. Die Aufgabe des Coachs: das richtige Motiv identifizieren und auf dieser Ebene mit dem Betroffenen arbeiten — sehr individuell und zeitintensiv.

7. Veränderung von Gewohnheiten — was es braucht

Veränderung kostet Energie. Gewohnheiten ändern sich nicht automatisch; sie brauchen:

  1. Sichtbare positive Effekte / negative unsichtbar machen.
  2. Habits attraktiv machen (Belohnungen).
  3. Leicht durchführbare Schritte.
  4. Eine unmittelbare oder attraktive Aussicht auf Belohnung.

Studien zeigen: Der Unterschied zwischen erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Verändern liegt weniger in Disziplin, sondern in System und Mindset.

8. Ergebnisse / Umsetzung — was sich veränderte (Auszug)

Nach dem Change-Prozess ergaben sich messbare Verbesserungen:

  • Volumen (Anzahl der eingesetzten Mitarbeitenden) sank; man verzichtete bewusst auf unrentable Aufträge.
  • Durchschnittliche Mitarbeitendenzahl einer Niederlassung: ~70 (statt 100).
  • Umsatz pro Monat sank auf ~270.000 EUR (ca. −60.000 EUR).
  • Mitarbeiterkosten verhielten sich proportional (~192.800 EUR).
  • Marge stieg auf ~28,5 % (77.000 EUR).
  • Betriebsergebnis pro Niederlassung: ~32.000 EUR (deutlich besser).
  • Motivations- und Qualitätssteigerung im Team; mehr Zeit für margenträchtige Neukundenakquise.
  • Kleinere Projekte erwiesen sich oftmals als profitabler; Abhängigkeit von Großkunden sank.
  • Teilweise kehrten ehemalige Kunden später zurück und akzeptierten die neuen Konditionen.

9. Lessons Learned (Schlüssel Erfolgsfaktoren)

  1. Top-Vorbereitung: qualitativ und quantitativ, klare Ziele, Exit-Parameter und Return-Codes.
  2. Commitment der Führung: 100 % Unterstützung von Geschäftsführung und Niederlassungsleitern; emotionale Sicherheit für Teams.
  3. Einheitliche Verhandlungsstrategie: Preisverhandlungs-Kompetenz und Kalkulationssicherheit in allen Niederlassungen.
  4. Money Mindset: Fokuswechsel von Umsatz auf Gewinn; positives Mindset fördern.
  5. Teachback & Selbstführung: Stärkung von Führungskompetenz und kontinuierliche Umsetzung in den Niederlassungen.